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Geschichtliches

Die Geschichte der Evangelischen Burgkirche Dreieichenhain

An der Stelle der heutigen Burgkirche befanden sich früher kleinere Kapellen. Die Fundamente dieser Gebäude gehen zurück auf eine ottonische Kapelle (um 1000). Ihr folgte eine spätromanische Kapelle (um 1200), die 100 Jahre später in eine frühgotische Saalkirche umgebaut wurde. Reste dieser früheren Gotteshäuser wurden bei Ausschachtungsarbeiten für einen Heizungskeller im Herbst 1956, ungefähr 2,50 m unter dem heutigen Kirchenboden, festgestellt.

Ottonische Kapelle

Die ottonische Kapelle entstand zur Zeit der Ottonen (919–1024) im Gelände des heutigen Burggartens. In diesem Zusammenhang wurde auch ein Jagdhof mit Gästehaus und Stallung angelegt. Die Sakristei dieser kleinen Kirche lag in der Nord-Ost-Ecke. Der Andachtsraum bestand aus einem rechteckigen Langschiff, das in west-östlicher Richtung verlief. Auf seiner Ostseite befand sich ein Chor, der durch einen Triumphbogen abgetrennt war.

Wie andere Kirchen aus ottonischer Zeit hat auch unser Gotteshaus den heiligen Pankratius zum Schutzpatron. Er ist einer der Eisheiligen (12. Mai) und gehört zu den 14 Nothelfern. Nach der Legende wurde er im Jahr 304 als 14-jähriger Märtyrer enthauptet. Er gilt als der „Patron für die Heilighaltung der Eide“.

Spätromanische Kapelle

Als die Hagen-Münzenberger im 12. Jahrhundert den Palas erbauten und in dessen Ostteil für die Herrschaft eine Burgkapelle errichteten, wurde die bisher ottonische Kapelle verkleinert. Nach dem Abbruch des Langschiffes konnte das Mauerwerk des Chores und der vergrößerten Sakristei für einen nord-südlich ausgerichteten Kapellenbau weiterverwendet werden. Dieses Gebäude diente dem Gesinde als Andachtsraum. Die Betreuung übernahm ein „Frühmesser“.

Gotische Kirche

Im Jahre 1255 starben die Hagen-Münzenberger in männlicher Linie aus und die Burg ging in den Besitz der Falkensteiner und Hanauer über. Mit diesem Herrschaftswechsel wurde der Palas umgebaut und vergrößert. Die Stadt erfuhr eine Ausdehnung nach Westen. Durch die damit verbundene Erhöhung der Bevölkerungszahl ergab sich die Notwendigkeit einer größeren Kirche. Anstelle der romanischen Vorläufer wurde um 1300 eine neue Kirche in gotischem Stil mit rechteckigem Grundriss errichtet. Vor der Westseite läuteten die Glocken von einem freistehenden Turm. Er wurde jedoch bereits 1587 wegen Baufälligkeit wieder abgebrochen. Die Glocken kamen bis 1783 zur Mittelpforte, später in das Obertor, wo sie noch heute hängen.

Am 27. Dezember 1669 (1670) erlebte die Kirche ihre bis dahin größte Katastrophe. Der Gemeindebäcker Johannes Weißbender brachte nach damaliger Gewohnheit ein Holzöfchen (Stövchen) mit in die kalte Kirche. Herausfallende Holzkohlen setzten das Gotteshaus sofort in Brand. Das Feuer fraß sich rasch in das trockene Holzwerk der Bänke und brannte die Kirche bis auf die Grundmauern nieder.

Aufgrund der Streitigkeiten zwischen Lutheranern und Reformierten mussten die Lutheraner ihren Gottesdienst vier Jahre lang unter freiem Himmel in der Kirchenruine abhalten. Bei schlechtem Wetter ging man in das Pfarrhaus des Pfarrers Anton Kann. Erst später gestatteten die Reformierten den Lutheranern die Mitbenutzung der Hospitalkirche.

Wiederaufbau

Der Wiederaufbau der abgebrannten Kirche von 1710 bis 1718 war für die kleine Gemeinde keine leichte Aufgabe. Erst am 1. Advent 1718 konnte die nun um 4 Meter nach Westen vergrößerte Kirche eingeweiht werden. Der Neubau wurde unter dem lutherischen Pfarrer Philipp Caspar Pack vollendet. Die Inschrift über dem Kircheneingang nimmt auf die Brandkatastrophe und den erst 50 Jahre später vollendeten Bau der neuen Kirche Bezug.

Nach der freien Übersetzung von Pfarrer Wilhelm Nebel, dem Chronisten und ersten Ehrenbürger dieser Stadt, hat sie folgenden Wortlaut: „Du, o Heiliger selbst und heiliger Stätten Beschützer, lässt’s ohne Grund nicht geschehen, wenn sie das Feuer verzehrt. Euch aber, die schon erfahren der früheren Kirche Zerstörung, breite er schützend die Hand über der neuen nun aus.“

Unter dieser Inschrift befindet sich das Hayner Wappen. Weitere Inschriften über der Kirchentüre im Dreieck (1716): „Soli Deo Gloria“ (Gott allein die Ehre), Isenburger Wappen und Jahreszahl 1716, darüber 1973 (Restaurierung). Im Dachreiter befindet sich eine am 20. April 1958 geweihte Glocke mit der Inschrift „Soli Deo Gloria“.

Die Burgkirche hat eine Länge von 23,40 Metern und ist 10,70 Meter breit. Die Gesamthöhe bis zur Turmspitze beträgt 25,64 Meter.

Zwischen der Kirche und dem Palas befand sich im 12. Jahrhundert auch der älteste Friedhof. An der Südseite der Kirche zeigt ein Sandsteintürrahmen noch den ehemaligen Ausgang zu diesem Friedhof an. An der Nordseite der Kirchenmauer sind der frühere spitzbogige Eingang und ein frühgotisches Fenster aufgemalt.

Stumm-Orgel

Anstelle des 1768 angeschafften Positives erhielt die Kirche 1791 erstmals eine Orgel. Es entsprach der Bedeutung des Hayns als Mittelpunkt eines großen Verwaltungsbezirkes, den Bau einer Orgel einem großen Meister zu übertragen. Für die Orgel der Burgkirche wurden die Gebrüder Philipp und Franz Stumm aus Sulzbach im Hunsrück verpflichtet. Nach der Genehmigung der Landesregierung 1789 wurde am 9. März 1790 der Vertrag unterschrieben. 1791 erfolgte der Einbau. In den folgenden Jahrzehnten standen immer wieder kleinere Reparaturen und Umbauten an. Sie führten mit der Zeit dazu, dass sich Material und Klang des Instrumentes immer weiter vom ursprünglichen Zustand entfernten. Der technische und musikalische Ursprungszustand war erst recht nach einer gründlichen Reparatur 1952 nicht mehr gegeben. Mit einer durchgreifenden Restaurierung im Jahre 1975 gelang es, die Stumm-Orgel bis auf den 1911 eingebauten Magazinbalg völlig in den Originalzustand zurückzuversetzen. Im Jahre 1993 erhielt die Orgel zwei Spanbälge zur Wiederherstellung der originalen Windversorgung. Sie ist deshalb heute eine kostbare historische Rarität mit 17 Registern im Manual (51 Tasten) und 3 Registern im Pedal (18 Tasten).

Die auf beiden Seiten der Orgel angebrachten Engel wurden durch Zufall wiederentdeckt. Sie wurden von Organist Adolf Betz auf dem Dachboden der alten Schule in der Solmischen-Weiher-Straße gefunden. Die beiden Figuren wurden restauriert und an ihren alten Standort gebracht.

Besondere Merkmale sind: Mechanische Schleifladen, Brüstungsorgel, seitenspielig, Pedalkoppel, Tremulant, Stimmung einen Halbton höher als üblich.

Von der Qualität der Stumm-Orgel kann sich der Gottesdienstbesucher und Zuhörer in Orgelkonzerten immer wieder neu überzeugen. Der Farbreichtum der Orgel war zur Einstimmung und Schmückung des Gemeindegesangs gedacht. Als überkommenes Zeugnis für die Klangwelt des 18. Jahrhunderts ist dieses spätbarocke Instrument jedoch auch hervorragend für die Darstellung mittel- und westeuropäischer Orgelliteratur aus Barock und Klassik geeignet.

Aus Anlass des 200-jährigen Jubiläums im Jahre 1991 hat die Burgkirchengemeinde eine Festschrift „200 Jahre Stumm-Orgel“ herausgegeben, die über weitere Einzelheiten der Orgel und ihre Geschichte informiert.

Kanzel

Einrichtungsgegenstände der Kirche wurden damals oft von wohlhabenden Bürgern gestiftet. Dazu gehört vor allem die Kanzel, das einzige heute noch erhaltene Inventar aus der Zeit des Wiederaufbaus. Auffällig ist der eindrucksvolle Schalldeckel, den eine Petrusfigur ziert. Mit Holzschnitzwerk versehen und Intarsien belegt wurde die Kanzel von dem ehemaligen Hayner Bürger Johann Philipp Küstner gestiftet, der in Leipzig zu Ansehen und Reichtum gekommen war. Daran erinnert heute noch folgende Inschrift: „Diese Cantzel, Beichtstuhl und Altar hat der Koen. Poln. und Chursachs. Bancoassesor und Vornehmer des Raths zu Leipz. Herr Joh. Phl. Kuestner, gebuertig von hier Gott zu Ehren und dieser Kirche zum Besten bauen lassen. Anno 1718.“

Bei der Herausnahme der Tafel während der Renovierungsmaßnahmen wurde erstmals die Inschrift auf der Rückseite entdeckt. Auf ihr stellt sich, in seltsam verkürzter Schreibweise, der Erbauer der Kanzel vor: „Johann Aron Seitz, Schreiner allhier hat gemacht diese Arbeit im Jahre Christi 1718 den 26. November. Verfertigt den 27. dito Eingeweyt.“

Altarfenster

Das nach einem Entwurf von Hans-Jürgen Rau, seinerzeit Bürger Dreieichenhains und Mitglied des Kirchenvorstandes, aus Betonglas gearbeitete, farbenfrohe Altarfenster der Burgkirche wurde als Schlussstein der Renovierungsarbeiten 1975 eingesetzt. Die vier Teile zeigen in der unteren Reihe Brot und Weinkelch. Sie deuten auf die elementaren Lebensmittel des Menschen hin, die zugleich Zeichen der Gastfreundschaft sind. Darüber hinaus stehen sie für das Sakrament des Abendmahles, in dem der Christ sich durch die Aufnahme beider Elemente der Lebensmitte in Jesus Christus und damit der Gemeinschaft mit Gott vergegenwärtigt.

Oben links ist der Fisch als ältestes urchristliches Symbol wiedergegeben. Im griechischen Wort für Fisch ergeben sich aus den einzelnen Buchstaben die Anfänge des Bekenntnisses: „Jesus Christus, Gottes Sohn und Heiland“.

Das obere rechte Element zeigt Feuerflammen und erinnert an das Pfingstereignis, das nach dem Bericht der Apostelgeschichte mit der Ausgießung des Heiligen Geistes die Kirche begründet hat.

Darüber hinaus kann der Betrachter das Kreuz erkennen, das die vier Bilder voneinander trennt und doch das Zentrum des christlichen Glaubens miteinander verbindet.

Renovierungen

Die Burgkirche ist im Inneren und Äußeren teilweise mehrfach renoviert worden.
Die ersten größeren Renovierungsarbeiten fanden im Jahre 1891 statt. Die Notwendigkeit einzelner zusätzlicher Maßnahmen, so u.a. die Einziehung neuer Gebälkteile im Turm, stellte sich erst während der Reparaturarbeiten heraus. Damals wurde auch eine Deckenmalerei ausgeführt: ein segnender Christus als Mittelbild und die vier Evangelisten als Eckmedaillons. Nach Abschluss der Arbeiten fand der feierliche Einweihungsgottesdienst am 1. Advent 1891 durch Dekan Frommann statt.

1956/57 wurde das Innere der Burgkirche im Sinne der neuen Sachlichkeit erneuert. Der hölzerne Altar wurde durch einen Sandstein-Altar ersetzt. Die Kirchenbänke wurden ausgetauscht und der Chorumgang entfernt. Ebenso fiel die Deckenmalerei mit den farbigen Bändern und den Evangelisten der Renovierung zum Opfer.

In den Jahren 1970/71 erhielt die Burgkirche eine spezielle Umluftheizung, die beim langsamen Erwärmen der Luft für gleichmäßige Feuchtigkeit sorgt. Im Winter darf nicht über 16 °C geheizt werden, damit Holz und Lederdichtungen der Orgel nicht leiden.

Eine grundlegende Renovierung fand im Jahre 1975 statt. Risse im Mauerwerk ließen auf eine geringfügige Verschiebung des Gebäudes zum Weiher hin schließen. Um eine weitere Neigung zu verhindern, wurden drei Betonringanker um die Kirche gelegt und der Außenputz erneuert. Bei der anschließenden Innenrenovierung wurde der Versuch unternommen, aufgrund der Erhebung eines Experten für Farbkunde, dem Gotteshaus in Anstrich und Farbe den ursprünglich vorhandenen Charakter einer Barockkirche möglichst unverfälscht zurückzugeben. Dies galt auch für die Empore und die farbliche Auffrischung von Kanzel und Orgel. Mit den beiden umlaufenden Farbstreifen und der Deckenbemalung konnte ein stuckaturähnlicher Effekt erzielt werden, der die Wirkung des Innenraumes wesentlich verbesserte. Zum Erntedankfest des gleichen Jahres wurde die erneuerte Burgkirche in einem feierlichen Gottesdienst wieder eröffnet.

Renovierung 2017/2018

Seit dem Herbst 2017 findet eine weitere Renovierung der Burgkirche statt. Einzelheiten entnehmen Sie bitte hier.

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